Tag 7 - Maltatal - 22. August 2021
Heute mache ich einen Ausflug. Das Zelt bleibt stehen und ich radele das Maltatal hoch. Im unteren breiten Talboden geht ein Fahrradweg am Fluss entlang, bis das Tal enger wird. Es gibt eine Mautstelle für PKW, und dann geht es in Serpentinen nach oben. Zum großen Teil ist die Straße einspurig und die Autos müssen 15 min an einer Ampel stehen. Ich treffe einen einheimischen Mountainbiker, der mir dann nahe bringt, dieses Rot zu ignorieren. Es geht durch viele unbeleuchtete Tunnels, teilweise sogar mit engen Kurven. Bei einem Stausee endet die Straße und es geht auf einem Schotterweg noch eine Stunde am Ufer entlang bis zur Osnabrücker Hütte. Auf halbem Wege habe ich mich für Kaiserschmarrn entschieden und das zieht mich die 1300 Höhenmeter hoch.
Es gibt keinen Kaiserschmarrn. Jetzt muss ich schleunigst im Kopf um parken. Im Moment glaube ich weder an die Wiedergeburt noch an das Paradies. Es hätte die Krönung meines Gipfelsturms sein können. Ich werde kompensieren müssen, erste Runde Schweinebraten, zweite Germknödel. Schullandheim und Kindheitsdingens. Es gab nur Germknödel. Gewonnen hat, wer am meisten essen konnte. Vanillesauce und Mohn. Am besten, wenn sie unten leicht angebrannt sind. Ich mache schnell die Beweisfotos und füge sie der Serie austrian foodporn hinzu.
Die Gewitter waren angekündigt. Gestern Abend in der Wetterapp und seit einer Stunde durch lauten Donner. Im Tal scheint noch die Sonne und hier wird kleiner Weltuntergang geübt. Ich kann zum ersten Mal so richtig testen, wie wasserdicht meine outdoor collection ist und ob die reparieren Satteltaschen den Regen draußen halten. Auf dem oberen Parkplatz gibt es die einen, die fluchtartig ihre Autos aufsuchen, und die anderen gleichmütig die totale Durchnässung hinnehmen. So mit Regenjacke und Hose oder Poncho oder Schirm ist irgendwie keiner unterwegs.
Tag 8 - zum Weißensee - 23. August 2021
Es hat die ganze Nacht durchgeregnet, so dass sich in der Mitte des Zeltplatz eine kleine Moorlandschaft gebildet hat. Ich bin ja schon um 21:00 Uhr gestern eingeschlafen, weil man im Zelt immer so schnell einschläft. Der Regen auf der Zeltwand ist wie Gute-Nacht-Musik und Schäfchen zählen gleichzeitig. Als es so ein bisschen heller wird, muss ich raus, weil ich nicht mehr liegen mag und total wach bin. Das Zelt habe ich mit allen Abspannseilen und Häringen abgesichert, so dass wirklich alles trocken geblieben ist und auch das Innenzelt nicht an die nasse Außenwand datscht. Der Regen hat aufgehört und das ist schwer in Ordnung. Heute wird es richtig anstrengend, da ich fast nur über matschige Feldwege durch die Berge will und häufig nicht genau auf den Karten sehen kann, wie fahrbar die Wege sind. Ich sollte einkaufen in Gmünd, da ich durch keinen größeren Ort mehr komme. Aber die Geschäfte sind alle noch geschlossen, so dass ich bei der Tankstelle zwei Teilchen hole. Ansonsten geht es wohl an die Vorräte. Eine Packung Nüsse noch aus Heidelberg müssen heute reichen, wenn ich nicht auf einer Alm etwas bekomme. Selbst mit Trinkwasser ist es schwierig, obwohl hier alles so nass ist. Ich suche dann in einem Dorf die Kirche, da ist ein Friedhof und dort gibt es immer einen Wasserhahn. Ein Punkt für den Katholizismus.
Ich habe so viele Verbotsschilder überfahren, wie mir das in Heidelberg in einem Monat nicht gelingt. Die Waldbesitzer dulden keine Durchfahrt. Ich bin aber schon 600 Meter in die Höhe gekraxelt und soll nun wieder umkehren? Es geht 30km auf ordentlichen Schotterwegen bergauf und bergab durch einsame Waldlandschaften. Insgesamt werde ich heute 2000 Höhenmeter schaffen, alle drei Akkus brauchen, 1km schieben, und 2 mal alles Gepäck abladen, um über irgendwelche Zäune zu klettern. Für die 80km Tagesetappe bin ich 6h auf dem Radl. Nachmittags komme ich auf der bewirtschafteten Gasser Alm an und muss mir eine Standpauke anhören, dass ich das Rad auf verbotenem Terrain bewege. Dann will ich aber auch wissen, warum sie in dieser einsamen Gegend so streng sind. Naturschutz und Versicherung sind die Argumente. Das eine so doof wie das andere. Für mich schotten die Waldbauern sich ab, weil sie es eben können. Weil es der Nachbar auch so macht. Meins ist Meins. Männlichkeitsdingens. Ich kriege trotzdem meine Brotzeit und nach einem Gläschen Wein bekomme ich noch den Weg gezeigt. Und das brauche ich auch, denn es gibt hier gar keine richtigen Wege und meine Karte bietet auch keine Vorschläge. Also zum Gatter raus, nach der Badewanne links und dann die Wiese hochschieben. Oben beginnt der Schotterweg. Nach dem ich mein Monster über den Zaun gewuchtet habe.
Danach fließt es bergab, der hübsche Farchensee mit dem Schilfufer und ab zum Grün schimmernden Weißensee und zum Camping. Es ist schon spät und ich bekomme ein schottriges Fleckchen für mein Zelt, aber mit sehr netten Zeltnachbarn. Ich bekomme einen Kaffee angeboten und abends gehe ich noch mit einem Pärchen Pizza essen.
Tag 9 - Wandern am Weißensee - 24. August 2021
Ich bleibe noch einen Tag an diesem grünen Weißensee. Gestern Abend bei der Pizza kam mir die Idee, mich meinen Zechgenossen für eine Tageswanderung anzuschließen. Wir hatten alle eine nasse Nacht hinter uns, weil die gestrige feucht Luft so in der Nacht abkühlte, dass reine Kondensationstropfen unentwegt vom Innenzelt auf den Schlafsack tropften. Das Innenzelt war so schwer, dass es tief herunterhing und ich mich überhaupt nicht mehr im Zelt bewegen konnte. In so starker Form hatte ich das noch nicht erlebt. Die Zeltnachbarn sind irgendwann in der Nacht in ihre Autos umgezogen. Der Schlafsack muss heute erstmal trocknen, oberstes Campergebot.
So das mit dem Wandern bin ich gar nicht mehr gewohnt. Mit meinem Minirucksack und nur der kleinen Kamera bewaffnet geht es 1000 HM hoch auf den Laka. Das obere Drittel ist reiner uriger Urwald, leider gibt es kaum Aussichten auf die phänomenale Farbe des Sees.
fHier noch ein Blick von oben auf eine Sumplandschaft am Ufer des Sees: